Vita
Ich wurde am 3.5.1966 in Hattingen an der Ruhr geboren. Als kleiner Junge war ich so dick, merkwürdig und weinerlich, daß meine Eltern beschlossen, mich auf eine Waldorfschule zu schicken. Bei dem Aufnahmegespräch 1971 wurde ich gebeten, einen Kreis in sechs Teile zu unterteilen. Ich malte fünf Kringel in den Kreis und grinste feindselig. Sie nahmen mich trotzdem.
Da ich damals keine Ahnung davon hatte, daß die Waldorfschule das beste war, was mir passieren konnte, brachte ich die Eurythmielehrerin, Frl. Petry, zu der Ansicht, ich sei geistesgestört, so daß ich am Unterricht in diesem Fach nicht teilzunehmen brauchte. Ich malte idiotische Bildchen, zeichnete Comics und drehte mit Freunden abendfüllende Super-8-Science-Fiction-Filme. Die Dreharbeiten verschlangen den Großteil meiner Jugend. Für Mädchen interessierte ich mich erst mit knapp 18 Jahren, nachdem meine Kurzsichtigkeit festgestellt worden war, ich also jetzt scharf sehen konnte. Ich begann zu rauchen, nahm 18 Kilo ab und färbte mir die Haare sehr blond. Mein Gott, es war mitten in den Achtzigern!
Da ich damals keine Ahnung davon hatte, daß die Waldorfschule das schlimmste war, was mir passieren konnte, gelang mir 1985 mühelos ein vollkommen miserables Abitur. Von der Wehrpflicht befreit, wurde ich sofort Student. (Germanistik, Literaturkomparatistik und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum.) Das meinte ich natürlich nicht wirklich ernst: ich hatte nur leider alle Bewerbungsfristen für das, was ich eigentlich studieren wollte, souverän verschlafen. An der Philosophie allerdings wäre ich beinahe kleben geblieben. War knapp. Wenigstens war ich unter der anthroposophischen Käseglocke hervorgekrochen.
Zum Wintersemester 86/87 begann ich, an der Uni Essen Kommunikationsdesign zu studieren. Von damals ca. 3000 Bewerbern hatten sie 38 Leute aufgenommen. Etwa jeder von uns hielt sich also für den größten. Wir waren alle so um die 20, deshalb sei uns das verdammtnochmal gegönnt. Das geht nämlich vorbei. Ich glaube, so aufgebläht fühlte ich mich wirklich zuletzt da, und im übrigen danke ich meinem Schöpfer auf Knien, daß das vorbei ist. Einen wesentlichen Teil meines Bummelstudiums verbrachte ich in der Cafete, wo ich allerdings so unermeßlich viel mehr lernte als in den Veranstaltungen, daß man sich fragen muß, warum es ausgerechnet keine Cafetenfachprüfung gibt. Wahrscheinlich, weil z. B. keiner unserer Prüfer etwa so intimen Einblick in das innerste Wesen der Acrylfarbe gehabt hätte, wie jeder der Teilnehmer des inoffiziellen Cafetenseminars um Christian Schellewald und Arndt Möller irgendwann im Sommer 88 usw.
Ansonsten arbeitete ich in verschiedenen Werbeagenturen. Das ergab sich von selbst. Das Telefon ging, und es wurde eine Airbrush-Illu gebraucht. Airbrush war damals eine populäre Geschichte. Ich hatte Glück gehabt; meine Großmutter hatte mir schon zum 14. Geburtstag so ein Ding geschenkt. Es war so gut wie an meine Hand angewachsen. Später hatte ich eine Agentin in Düsseldorf und bekam von prominenten Agenturen prominente und vorzüglich bezahlte Jobs: Katzenfutter, Waschmittel, Autos, Staubsauger, Schokolade, Parfüm etc. Und ich haßte es. Das Geld, das ich an einem schlaflosen Hochleistungs-Storyboard-Wochenende verdiente, mußte ich komplett in Kompensationsgüter investieren. Das ergab alles keinen Sinn. Zumal ich darüberhinaus Bekanntschaft mit dem Finanzamt machte. Und zwischen den Jobs zu nichts weniger Lust hatte, als zu zeichnen.
Dazwischen hatte ich angefangen, für ein Bochumer Szenemagazin unentgeltlich Strips zu kritzeln. Die kamen bei den Lesern so gut an, daß daraus bald ganze Comicseiten wurden. Schließlich machten sie sogar ein Extraheft aus meinen Comics! Also beschloß ich, lieber damit mein Geld zu verdienen. Das war 1990. In der Folgezeit lebte ich jeweils zur Hälfte von Comics und von Barkeeper-Jobs. Und ich liebte es. Zuerst zeichnete ich für den Marabo, ein regionales Kulturmagazin. Da ich so glücklich war, daß ich plötzlich in Farbe gedruckt wurde und sie mir auch noch Geld dafür gaben, gab ich mir ziemliche Mühe. Deswegen rief bald Unicum an, ein bundesweites Hochschulmagazin.
Ich fing an, meinen Beruf mit Comiczeichner anzugeben. Seitdem haben viele andere Publikationen meine Sachen gedruckt, es sind vier weitere Alben erschienen, ich bin Teilhaber eines Restaurants geworden, wo ich weiterhin den Barmann geben kann und habe mein Studium mit einer Note, die so gut ist, daß ich sie hier unmöglich sagen kann, abgeschlossen. Anfang des neuen Jahrhunderts habe ich im Monat ca. 2 Millionen Leser (AWA). Ist doch toll?! Meinen größten Erfolg aber hatte ich am 15. Februar 2000. Ich schaffte es, daß die süßeste aller süßen Frauen, die schöne, leicht durchgeknallte Beate, meine Frau wurde.
2003 widmete die CARICATURA Kassel mir eine große Werkschau, was ich als Ritterschlag empfand. Und wir schlossen zum Jahresende unser Restaurant, das legendäre HAFERKAMP, weil Beate und Frank, (Teilhabermehrheit), es so wollten. Wahrscheinlich haben sie mir damit das Leben gerettet, denn die jahrelange Drinkfrequenz als Barmann hatte, wie sich im Blutbild und Ultraschall herausstellte, meiner Leber bereits einiges abverlangt. Man muss sich meine Leber wie die alte Nikon eines Kriegsreporters vorstellen. Geschunden, waidwund und angekokelt, aber sie macht immer noch die besten Bilder.
Meine Arbeit wurde sukzessive rein digital. Alles andere wäre mir rückwärtsgewandt und lernverweigernd erschienen. Die Vorteile überwiegen so deutlich das Vermissen des Sensorischen (richtige Pinsel, Stifte, Farben), dass ich um das Analoge auch getrauert habe wie um einen nahen Verwandten, der zu früh verstarb – aber das Leben geht ja weiter!
Viele Zeitschriften druckten meine Comics, einige regelmäßig, die meisten gibt es nicht mehr. Darunter zu nennen sind insbesondere „Online Today“, das waren sechs Jahre, eine regelrechte Ära, und GALORE, die leider ab dem Zeitpunkt meines Engagements nur noch ein Jahr durchhielt. Als Konstanten verbleiben UNICUM und Spiegel online, sowie die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, deren Treue und Enthusiasmus ich genauso zurückgebe!
Weitere Alben sind erschienen, ich glaube, es sind jetzt 12 oder 13, ich vergesse das immer, das nächste ist in Vorbereitung. Zunehmend bucht man mich aber auch als Illustrator, Bühnenbildner, Herausgeber.
Trotzdem bin ich immer faul verblieben. Ich hab es nie eingesehen, dass der Tag nicht mir gehören soll. Ich „arbeite“, wenn es eben soweit ist. Und dann bin ich plötzlich ziemlich fleißig, nach herkömmlichen Maßstäben angeguckt. Aber ich strenge mich dann trotzdem nicht an.
Oder vielleicht strenge ich mich auch doch an, keine Ahnung.
Mir kommt es wie der reine Spaß vor. Okay, okay. Mit ein bisschen Beißen vielleicht.
Eigentlich male ich immer noch Kringel in den Kreis.